Was für ein irrer Wettkampf! Für die Gewichtheber des TSV Blau-Weiß 65 sollte der Heimauftritt in der 2. Bundesliga gegen den Berliner TSC mal so richtig in die Hose gehen. Als hätte es das sportinteressierte potentielle Publikum schon geahnt: Die Külzviertel-Halle bot an diesem Sonnabend bei sportlichen Höchstleistungen ein erschreckend leeres Bild.
Das Chaos des Abends lag insbesondere an den Unzulänglichkeiten der Computertechnik: Ein neues Programm stellte das Kampfgericht vor nahezu unlösbare Probleme – insgesamt gab es dadurch rund eine Stunde lang technische Unterbrechungen. Zusätzlicher Stress für die Sportler also, die sich teilweise unfassbar lange im Vorbereitungsraum warm halten mussten. Auch die Trainer waren mit der Situation teilweise „überfordert“, weil sie kaum einen Überblick über den aktuellen Stand des Wettkampfs hatten. Und sportlich lief es für den Gastgeber ebenfalls alles andere als optimal. Das Resultat: Die Schwedter (diesmal für den dienstlich verhinderten Jan Schulze von Denny Unger gecoacht) verloren das Reißen hauchdünn und waren dann im Stoßen deutlich hinten dran. Der TSC entführte alle drei Punkte aus Schwedt.
Doch der Reihe nach: In der ersten Gruppe des Reißens, die durch den Gastgeber mit Neuzugang Ida Moerck, Paula Boese und Lucy Herweg durchweg weiblich besetzt war, gab es eine hauchdünne Schwedter Führung (135,5:132,0). Leider waren alle dritten Versuche missglückt, was später noch Auswirkungen haben sollte.
In der zweiten Gruppe – TSV mit Jon Luke Mau, Ken Fischer und Omed Alam – zeigte Mau einen starken Wettkampf: dreimal gültig, 117 kg; Fischer steigerte vom ersten bis zum letzten Versuch um zehn Kilo (!), machte auch alle drei Versuche gültig und schaffte damit vier Kilo mehr als zuletzt in Potsdam; bei Alam war lediglich der Schlussversuch bei 145 kg zu schwer.
Die Berliner, die gegenüber ihrem ersten Saisonwettkampf für die letztlich entscheidende doppelte polnische Personalverstärkung gesorgt hatten, setzten sich in dieser Gruppe insgesamt mit 161,0:154,6 Relativpunkten durch. Also holten sie sich den ersten Punkt durch ein hauchdünnes 293,0:290,1 in der Teildisziplin Reißen.
45 Minuten Unterbrechung vor dem Stoßen
Vor dem Stoßen versuchte das Kampfgericht, das „streikende“ neue Wettkampfprogramm wieder zum Laufen zu bringen: das sollte etwa eine Dreiviertelstunde (!!) dauern. Danach konnte Julia Busch endlich die zweite Disziplin eröffnen – nicht nur die außer Konkurrenz startende Schwedterin hatte offenbar der langen Unterbrechung Tribut zu zollen (zwei ungültige Versuche). Allerdings gab es in der ersten Stoß-Gruppe der Schwedter – hier ersetzte jetzt Tom Hauff Teamkollegin Lucy Herweg – nur einen ungültigen Versuch. Moerck hob ein Kilo mehr als zuletzt in Potsdam, Boese brachte genau die gleiche Last wie zuletzt zur Hochstrecke und Hauff meisterte eine 12-Kilo-Steigerung zwischen dem ersten und letzten Versuch mit Kampfgeist und Souveränität.
Das Resultat war vom Schwedter Team dadurch insgesamt von einem 2,9-Punkte-Minus in einen minimalen 2,4-Punkte-Vorsprung gedreht worden. Aber schon die Anfangslasten der zweiten Gruppe sollten die Entscheidung bringen.
Blickte man auf die zu meisternden Lasten für die ersten Stoßversuche der zweiten Gruppe, so war ablesbar: Sollte der Gast diese Versuche gültig gestalten, war er im Grunde nicht mehr einzuholen in der Gesamtwertung. So kam es dann auch: Für die ersten Versuche verbuchten Jaqueline Nygaard, Adrian Krupa und Dawid Lisiak beim TSC 232,0 Zähler, für den TSV brachten es Tizian Kluth (war jetzt für Mau dabei), Ken Fischer und Omed Alam auf 201,6 Punkte. Fast 30 Punkte Rückstand in der Gesamtaddition!
Hinzu kam, dass sich bei Omed Alam die Knieprobleme von zuletzt wieder bemerkbar machten – er konnte keine weitere Hebung ausführen. Kluth schaffte keine seiner beiden ambitionierten Steigerungen mehr, Fischer meisterte noch die 164 kg, die 169 kg aber waren zu schwer. Das Stoßen ging mit 436,0:407,9 Zählern an die Hauptstädter.
Nach zweimal knapp über 710 Punkten zum Saisonauftakt wurden es diesmal für Blau-Weiß 65 in der Summe 698,0 Relativpunkte, der TSC holte sich den Punkt für die Gesamtwertung mit 729,0 Zählern und konnte nach dem gemeinsamen Mannschaftsfoto zufrieden die Heimreise antreten. Jörg Matthies
Einzelergebnisse der TSV-Starter
Omed Alam ZK 306 kg = 126,4 Punkte
Ken Fischer ZK 296 kg = 125,8 Punkte
Ida Moerck ZK 161 kg = 118,0 Punkte
Paula Boese ZK 172 kg = 110,0 Punkte
Tom Hauff nur Stoßen 145 kg = 62,8 Punkte
Jon Luke Mau nur Reißen 117 kg = 56,5 Punkte
Tizian Kluth nur Stoßen 155 kg = 54,5 Punkte
Lucy Herweg nur Reißen 76 kg = 44,0 Punkte